Auf den Spuren der Erinnerung ...

... eine Wunschreise nach Schlesien

Am Sonnabend, dem 26. Mai, ab 6 Uhr früh, ging’s los, Ehepaar Sonka holte uns (wir waren insgesamt acht) fürsorglich von zu Hause ab. Was für ein Service!

Das erste Ziel des Tages war ein kleiner Ort im Isergebirge, nahe dem ehemaligen Bad Flinsberg. Hier hatte einer der Reiseteilnehmer in den Jahren 1943/44 einige Monate seiner Kindheit verbracht. Welch überwältigendes Gefühl, vor dem damaligen Haus seiner vorläufigen Bleibe zu stehen; auch das ehemalige Schulgebäude wurde wiedererkannt!

Am Abend herzlicher Empfang in Pokoj, dem ehemaligen Bad Carlsruhe, durch "Tante Irene", danach ein reichhaltiges Abendbrot.

Der nächste Tag, ein Sonntag, war Erstkommuniontag im nächsten Ort. Die Zahl der Erstkommunionkinder glich in etwa der unsrigen, beeindruckend dagegen die Weise, mit der die schlesischen Kinder selbstverfasste (?) bzw. einstudierte (?) Verse auswendig (!) vor der Gemeinde laut und deutlich vortrugen! Das war herzerfrischend!

Der dritte Erkundungstag galt Breslau, auf dem Weg dorthin fuhren wir durch Ohlau. Eine weitere Teilnehmerin hatte dort längere Zeit als Schülerin in einem Kloster gelebt. Nach einigem Suchen war es schließlich entdeckt, doch vieles war nicht mehr so wie in der Erinnerung, auch die inzwischen verflossenen Jahre hatten ihre Spuren eingegraben ....

Schließlich kamen wir nach Breslau, dieser damals so schwer verwundeten Stadt. Gott sei Dank, vieles ist wieder hergerichtet, ja so täuschend "altaussehend", dass wir uns über die historische (Un-) Echtheit der Fenster im Dom zunächst nicht einig wurden.

Die Jahrhunderthalle von 1912 / 13, nach wie vor die größte schlesische Veranstaltungshalle - möglicherweise die größte von ganz Polen - mit freitragendem Dach wurde ob ihrer Ausmaße gebührend bestaunt.

Auch dieser Tag war mit persönlichen Erinnerungen verknüpft: Nach fast 60 Jahren betrat der Verfasser dieser Zeilen zum ersten Mal wieder die damalige Wohnung seiner Großmutter, noch manches war in der Erinnerung haften geblieben, entsprechend bewegend das Wiedererkennen ....

Am vierten Tag besuchten wir Tschenstochau, das Heiligtum des polnischen Katholizismus‘. Gruppenweise wurden die Erstkommunionkinder in ihren meist weißen Kleidern und Anzügen von ihren BegleiterInnen zum Gnadenbild Mariens geführt, zogen andächtig entlang des Kreuzweges von Station zu Station.

Erstaunlich die Zahl der jugendlichen Beter ...

Der fünfte Tag (eigentlich der "Ruhetag") stand im Zeichen der Erinnerungen unser beiden Reiseführer: Frühere Arbeits- und Familienwohnstätten konnten besichtigt werden, außerdem der ehemalige Kurpark von Bad Carlsruhe mit lädiertem Standbild des Alten Fritz sowie die wegen ihrer Bauform und ihres Interieurs architektonisch bedeutsame evangelische Sophienkirche des Ortes.

Am sechsten Tag schauten wir uns in Oppeln und Umgebung um: erwähnenswert das Museumsdorf, wo sich für jedes Haus ein Betreuer zuständig wusste, so dass man Interessantes erfahren konnte. Beachtenswert die typischen schlesischen "Schrottholzkirchen" (Dacheindeckung aus Holzabschlägen).

Keine schöne Erinnerung weckte das Mahnmal für die beim Übergang über die Oder 1945 gefallenen russischen Soldaten, einem solchen Gemetzel ist nichts Heldenhaftes eigen ...

Der siebente Tag führte uns zu dem religiösen und politischen Wahrzeichen Polens: nach Annaberg. Hier rangen Deutsche und Polen um den Besitz Oberschlesiens. Religiöses Bewusstsein und geschichtliches Verständnis verbinden sich, besonders an diesem Ort, zur nationalen Identität des polnischen Volkes. Häufige Gespräche mit ehemaligen bzw. einheimischen Schlesiern brachten Beachtenswertes über "Land und Leute" an den Tag.

Am achten Tag traten wir die Heimreise an und müde nach langer Fahrt, aber wohlbehalten kehrten wir heim.

Unser herzlicher Dank gilt dem Ehepaar Sonka, dessen Initiative einschließlich zweisprachiger Begleitung die fast verschüttete Vergangenheit zu neu erlebter Gegenwart werden ließ!

W. Grünky

 

 

  

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