Die Heilige des Monats
Katharina von Siena
(29. April)

Sie erinnern sich, liebe Leser? "Es begann für sie eine Zeit der Visionen und Offenbarungen ....... . Sie empfing den Auftrag, als Botin Gottes zu wirken und in einer Zeit der Zerrissenheit und Spaltung Frieden und Einheit wieder herzustellen: Ausgleich zwischen den sozialen Ständen, Friede unter den Völkern, Wiedervereinigung von Ost- und Westkirche und Versöhnung zwischen Papst und Kaiser. Sie entwickelte eine ausgeprägte Aktivität, die ganz Europa umspannte."

Diese Beschreibung fanden Sie in der Darstellung der hl. Brigitta im Monatsblatt vom Juli/August 2002.

Sie könnte fast unverändert für die hl. Katharina übernommen werden , was nicht weiter verwundert, da die beiden Heiligen in demselben Jahrhundert lebten und in gleicher Weise unter den Erschütterungen ihrer Zeit litten.

Freilich unterscheiden sie sich gravierend im Hinblick auf ihre Herkunft.

Brigitta entstammte dem Hochadel, war gewandt und gebildet und hatte somit leicht Zutritt zu den politischen Entscheidungsträgern in Europa. Katharina wurde wahrscheinlich 1347 als 24. Kind (!) der Färberfamilie Benincasa in Siena (Toskana) in ärmlichen Verhältnissen geboren – ihr Geburtshaus ist heute noch zu besichtigen. Sie wurde streng religiös erzogen und erlebte im Alter von sechs Jahren ihre ersten Visionen – mitten auf der Straße. Ein Jahr später legte sie das Gelübde der Jungfräulichkeit ab und stellte sich gegen den Willen der Eltern, als sie im Alter von 12 Jahren verheiratet werden sollte. Als die Pocken ihr Gesicht entstellten, lebte sie abgeschieden im Elternhaus, das sie im Alter von 18 Jahren verließ, um – gegen den Willen der Eltern – in den Dritten Orden der Dominikanerinnen einzutreten. Sie lebte in strenger Askese und widmete sich aufopfernd Kranken und Sterbenden, wobei sie sich während einer Pestepidemie selbst ansteckte. Gleichzeitig entwickelte sie unter andauernden Bußübungen wie Nachtwachen, Fasten, Geißelungen und ekstatischen Erlebnissen Fähigkeiten zur mystischen Weltschau. Sie vollzog in einem mystischen Erlebnis die Vermählung mit Jesus und trug seitdem symbolisch einen goldenen Ring am Finger. Ihre Mystik lässt sich umschreiben als brennende Liebe zu Gott, als grenzenlose Leidenschaft für seine Menschenliebe und die Bereitschaft, sich und die Welt zu verwandeln. Damit war ein unbezähmbares Missionsbewusstsein verbunden. Katharina scheute sich nicht, Priestern, Prälaten, Theologen, Fürsten und sogar Päpsten für ihre Verstrickungen in das weltliche Getriebe aller Art schneidende Kritik vorzuhalten: "Was Christus am Kreuz erwarb, wird mit Huren vergeudet." oder gar "den Herren der Kirche im Namen Gottes den Tod zu wünschen."

Ihre rätselhafte Persönlichkeit übte bald magische Anziehungskräfte aus. Menschen aus dem einfachen Volk liefen ihr scharenweise nach, um sie zu berühren, eine Gruppe von Gläubigen scharte sich dauerhaft um sie, eine Reihe von überraschenden Bekehrungen begleitete ihr Auftreten. Sie war so beeindruckend, dass Fürsten und Machthaber sie um Rat fragten und ihr die politische Bühne eröffneten. Versöhnung und Friede dienten ihr als politische Leitidee, mit der sie sich trotz aller Innerlichkeit und mystischer Versenkung beherzt in die politischen Auseinandersetzungen begab. Angesichts der zahlreichen Fehden der aufstrebenden italienischen Städte mit den Zentralgewalten und untereinander war sie neben ihrem caritativen Einsatz unentwegt beschäftigt mit Reisen, Vorsprechen, Schreiben. Sie vermittelte zwischen dem Papst und dem renitenten Florenz und konnte sogar Papst Gregor XI. dazu bewegen, das Exil in Avignon zu beenden und wieder in Rom zu residieren. Im Zusammenhang mit dem Streit von 1378 zwischen Papst und Gegenpapst siedelte sie nach Rom über, um sich für die Einheit der Kirche einzusetzen.

Natürlich schuf sie sich mit ihren politischen Aktivitäten und ihrem Sendungsbewusstsein zahlreiche Feinde, musste sich mehrfach theologischen Prüfungen unterziehen und mitunter um ihr Leben fürchten, was ihren Eifer keineswegs minderte. Gleichzeitig entwickelte sie eine bemerkenswerte literarische Begabung, die sich auch in zahlreichen Briefen äußerte. 381 davon sind erhalten und zeugen von ihrem leidenschaftlichen Charakter und Kämpferherz, die sie in den Augen vieler als hartherzig und maßlos erscheinen lassen. In den letzten Jahren nahm sie nur noch das eucharistische Mahl zu sich und gelangte in den Zustand, der ihrem Namen entspricht: Katharina (gr.) = die Reine. Völlig entkräftet starb sie am 29. April 1380, dreiunddreißigjährig, nachdem sie im Petersdom, wohin sie sich täglich geschleppt hatte, zusammengebrochen war. "Blut, Blut" waren ihre letzten Worte, bezogen auf ihre mystischen Vorstellungen vom Blut Christi.

Sie liegt in der römischen Kirche Santa Maria sopra Minerva begraben, ihr Haupt wurde nach Siena überführt. Dort ist es heute in S. Domenico zu sehen, wo sich als Fresko die einzige zeitgenössische Darstellung der Heiligen findet.

Die ungewöhnliche Frau wurde bereits 1461 heilig gesprochen, 1970 wurde sie zur Kirchenlehrerin ernannt – eine Ehre, die sie nur mit der hl. Theresa von Avila teilt. Neben Franz von Assisi ist sie die Hauptpatronin Italiens, daneben auch die Europas und Roms, der Sterbenden und Wäscherinnen und zahlreicher caritativer Einrichtungen. Ihre Hilfe wurde vor allem gegen die Pest erfleht.

Katharina wird im schwarz-weißen Dominikanerhabit dargestellt, ihre Attribute sind die Lilie, das Kreuz, die Dornenkrone, der Ring, die Wundmale Christi, die sie seit 1375 auf ihrem schmächtigen Körper trug, aber vor der Welt immer verbarg.

J. Schweier

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