BÜCHERKISTE

Donna W. Cross: "Die Päpstin"

Es geht um das Leben der Johanna von Ingelheim, die im 9. Jahrhundert zu großem Ruhm als Papst Johannes Anglicus gelangt. Sie wird in eine streng katholische Familie hineingeboren, leidet sehr unter dem allgemein gesellschaftlichen Patriarchat und besonders unter ihrem gewalttätigen, herrischen Vater. Zu dieser Zeit ist es eine Sünde, wenn Frauen etwas lesen und schreiben lernen oder gar zur Schule gehen wollen. Johanna ist mit außerordentlicher Geistesschärfe, Intelligenz und Wissbegierde ausgestattet und versucht mit allen Mitteln, die strengen kirchlichen und gesellschaftlichen Strukturen zu umgehen. So gelingt es ihr, als Mädchen in die Schule gehen zu dürfen. Schließlich schlüpft sie in die Rolle eines Mannes, die sie bis zu ihrem Tod nicht mehr verlassen wird. Als Mönch verbringt sie zunächst mehrere Jahre im Kloster Fulda und gelangt bald nach Rom, wo sie sich durch ihre überragenden heilkundlichen und philosophischen Kenntnisse hervortut und schnell großen Einfluss erlangt. Ganz unverhofft wird sie dann sogar zum Papst gewählt.

Das Buch ist ein klassischer Ferienschmöker (also genau richtig für die bevorstehenden Sommerferien!), einfach geschrieben, nicht sprachlich herausragend, sehr wohl aber vom Inhalt überzeugend. Der Autorin ist es gut gelungen, ein Zeitbild (das Bild einer sehr brutalen und korrupten Zeit) zu zeichnen, eine verblüffende Geschichte spannend und aufregend zu erzählen, so dass man gar nicht mehr das Buch weglegen möchte. Etwas klischeehaft und abgenutzt ist zwar die mit dem Werdegang der Johanna verbundene Liebesgeschichte, aber so ist für jeden Leser etwas dabei. Ich kann diesen Roman als tolle Unterhaltung nur empfehlen!

Viel Spaß beim Lesen und wie immer eine kleine Kostprobe,

Cosima Kießling

"Arsenius versuchte, dieses unerwartete Problem dadurch zu lösen, dass er den maßgeblichen Leuten offen das Angebot machte, ihre Loyalität zu kaufen; seine Spitzel bewegten sich rasch durch die Menge und versuchten, die Wähler mit Wein, Frauen und Geld zu bestechen. Doch selbst diese Verlockungen fruchteten nichts; die Leute waren fest gegen Anastasius eingenommen, den ihr geliebter verstorbener Papst Leo exkommuniziert hatte. Lautstark sprachen sie sich für den ‘kleinen Papst’ aus, Leos Freund und Gefährten Johannes Anglicus, und von diesem Entschluss konnte nichts und niemand sie abbringen.

Trotzdem hätten Johannas Fürsprecher den Sieg vielleicht doch nicht davongetragen; denn der herrschende Adel hätte nicht zugelassen, von einer Horde gemeiner Bürger überstimmt zu werden - ob Verfassung oder nicht. Doch die päpstliche Partei, die in diesem ‘Volksaufstand’ eine unerwartete Möglichkeit sah, Anastasius den Weg zum Papstthron zu versperren, vereinte ihre Stimmen mit denen der Laien. Damit war die Wahl entschieden. Johanna war der neue Papst."

(Cross, Donna W. : Die Päpstin. Aufbau Taschenbuch Verlag GmbH Berlin 2004. S. 483)

 

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