Unsere Kirche ist schwanger

Katholischer Deutscher Frauenbund feiert Bundesfest mit geistlicher Beirätin

Berlin - „Unsere Kirche ist schwanger, wehe wir treiben Leben ab!“ Scherzhaft drohte Schwester Dr. Benedikta Hintersberger mit dem Zeigefinger. Die geistliche Beirätin des Katholischen Deutschen Frauenbundes war Gast beim diesjährigen Bundesfest des Berliner Diözesanverbandes. Nach der gemeinsamen Messe mit Pater Albert Giesener SJ hielt die promovierte Theologin einen Vortrag zum Thema: „Löscht den Geist nicht aus“.
In Anlehnung an den großen Konzilstheologen Karl Rahner sah sie die erste Gefahr darin, daß die Menschen den Geist selbst auslöschen, zum Beispiel durch falsche Machtausübung, Resignation oder Bequemlichkeit. „Mut zum Wagnis“ sei dagegen „eine Methode Gottes, die Jesus uns selbst vorgelebt hat“. Dies betreffe alle Fragen, die die Menschen in der Kirche und der Gesellschaft derzeit beschäftigen wie das Ämterverständnis, Scheidung und Wiederheirat oder Gewalt. Schwester Benedikta plädierte dabei für „liebende Zuwendung, nicht Schwachheit“.
Mit dieser Einstellung kann man auch ein klares Ja zur Vielfalt in der Kirche sprechen. Die Dominikanerin: „Eigentlich ist es eine Tugend der Kirche, den anderen gewähren zu lassen, solange nicht gesichert ist, daß der andere Weg falsch ist.“ Das neue vatikanische Schreiben, das die Freiheit der Theologen einschränkt, zeuge allerdings eher von Angst, meint sie. „Von unten kommt in der Regel das, was den Geist Gottes ausmacht, Ministerien können nur ordnen.“ Auch ein richtiges Verständnis von Gehorsam und „die Kunst der kleinen Schritte“ seien nötig, damit der Geist unbehindert wirken kann. „Ich bin Tochter eines Küsters und habe als Kind entsetzlich darunter gelitten, daß ich keine Ministrantin sein durfte“. Heute seien Lektorinnen, Kommunionhelferinnen, Ministrantinnen völlig selbstverständlich. Geduldig und gelassen, aber „mit aller Konsequenz müssen wir jetzt das Diakonat der Frau verfolgen“.
Auch andere Hoffnungszeichen sieht Schwester Benedikta: „Frauen lassen sich nicht mehr einschüchtern durch Drohungen und nicht mehr abspeisen mit Beschwichtigungen. Wir sollen als Christen dienen, heißt es. Da bin ich völlig einverstanden. Aber das gilt für Frauen wie für Männer. Den Dienst teilen wir und die Macht teilen wir.“ Dieser Ausbruch aus alten Rollen bedeute für die Frauen allerdings auch, „die Fleischtöpfe Ägyptens zu verlassen und Zeiten der Wüste auszuhalten.“ Solidarität unter den Frauen sei dafür nötig. Und mit sanfter Kritik an die Frauen des KDFB: „Wenn wir den jungen Theologinnen den Freiraum gewähren, den sie brauchen, wenn wir sie ‘revolutionär’ sein lassen, haben wir auch mehr Nachwuchs.“ 
Denn mit Bedauern stellt die Theologin fest, daß sich viele junge Frauen ins Private zurückziehen und aufgeben. „Wer will, daß unser Frauenbund Zukunft hat, muß sich dafür einsetzen, daß er sich verändert. Das gleiche gilt auch für die Kirche.“ Sie trage gegenwärtig etwas aus, sie sei schwanger. Den Kirchenmitgliedern empfielt Schwester Benedikta deshalb eine „Hebammenspiritualität: Geduld, Glauben und kraftvolle Zärtlichkeit.“ Und: sich gegenseitig begegnen. Das taten die Frauen des KDFB dann auch ausgiebig beim anschließenden Büffet... 
 

Elena A. Griepentrog
Ausgabe Nr. 28/98