Der Weg zum Vater ist keine
last-minute
Tour
Zur Familienwallfahrt
nach Alt-Buchhorst machten sich knapp 4.000 Berliner
Katholiken auf den Weg
Alt-Buchhorst - Ein Zugereister aus dem
kalischen Rheinland kann sich das gar nicht vorstellen:
katholisches Leben inmitten der Diaspora, eine
unwahrscheinliche Bewegung bei einer richtigen
Wallfahrt! Knapp 4.000 Katholiken machten sich auf den
Weg - unterwegs zum Vater. So
lautete das Motto der diesjährigen
Familienwallfahrt. Organisationsleiter Peter Matz vom
Seelsorgeamt strahlte über das ganze Gesicht, wie
die Sonne, die an diesem Juni-Sonntag vom Himmel
lachte. Es sind wieder mehr junge Familien
mit mehr Kindern gekommen. Auch zum
Wallfahrtsweg durch den Buchhorster Wald, der diesmal
vom Dekanat Kreuzberg vorbereitet wurde. Pfarrer Dr.
Nikolaus Timpe von der Kreuzberger St.
Johannes-Basilika und vier junge Bläser aus seiner
Gemeinde, sowie Pastoralreferent Hans-Joachim Ditz
begleiteten den Weg vom Kriegerdenkmal bis zum
Christian-Schreiber-Haus. Die Meditationstexte hatten
diesmal das Evangelium vom barmherzigen Vater und dem
verlorenen Sohn zur Grundlage.
Weihbischof Wolfgang Weider vertrat Kardinal Georg
Sterzinsky, da dieser bei den Seligsprechungen dabei
war, die Papst Johannes Paul II. am gleichen Tag in
Warschau vornahm. Den Wallfahrtsgottesdienst feierte
der Weihbischof mit acht weiteren Priestern. Die
vereinigten Kirchenchöre aus den Dekanaten Mitte
und Schöneberg, ein Kinderchor und der
Bläserchor von St. Hedwig sangen unter der
Gesamtleitung von Domkapellmeister Michael Witt.
Das gemeinsame Ziel, den Weg zum
Vater, stellte Weihbischof Weider in den
Mittelpunkt seiner Predigt. Er erinnerte daran,
daß es heute modern sei, last
minute- Reisen zu unternehmen: Buchen in
letzter Minute, das Ziel sei zweitrangig, Hauptsache
billig und irgendwie weg. Wenn das
aber zur Lebensmaxime werde, dann werde es schlimm. Bei
vielen führe das zur Resignation. Das Ziel der
Christen und der eigentliche Sinn unseres Lebens sei es
aber, unterwegs zum Vater zu sein. Er komme uns
entgegen. Der Weg zu Gott ist ein Weg der
Führung, sagte der Weihbischof. Das
hätte schon das Volk Israel gespürt. Es sei
ein mühsamer Weg, auch durch Krankheit,
Mißerfolge und Enttäuschungen, aber
wir werden erwartet. Die
größte Not des Menschen sei die Schuld. Doch
Gottes Liebe ist größer als alle Schuld. Wo
man sich versöhne mit anderen, gehe man einen
Schritt auf dem Weg zu Gott. Dieser Weg ist ein
Einüben in das Leben mit dem
Vater. Der Weg sei auch keine Fahrt
ins Blaue, sondern führe die Menschen
zusammen zu einer großen Familie, betonte der
Weihbischof.
Wie eine große Familie - so war die gesamte
Wallfahrt. Das zeigte sich schon in der Mittagspause,
als sich die Familien - vom Baby bis zur Oma, auf
Decken lagerten, Stullenpakete, Buletten, Salate, Obst
u.a. auspackten und manche auch mit den Nachbarn
teilten.
Die Malteser mit der Gulaschkanone waren zwar auch
zugegen, ebenso ein Getränkestand und ein
Eiswagen, der sogleich umlagert war, aber die meisten
zogen Hausmannskost vor.
Für die Kinder gab es viele Angebote zum Spielen,
Malen, Schminken und Singen, so auf dem
Wassergrundstück mit der Gruppe
Liederträume, Lieder zum
Zuhören und Mitsingen.
Die Erwachsenen konnten sich an vielen Ständen
über die Arbeit von Familienverbänden
informieren, Artikel aus der Dritten Welt oder von den
Delphin-Werkstätten erwerben,
Bücher kaufen, oder einfach nur Bekannte
wiedertreffen.
Ein Höhepunkt am Nachmittag war dann die
Wallfahrtsstunde mit dem Theaterstück
Street-kids, das die
Kinder-Theatergruppe aus St. Ansgar im Dekanat
Tiergarten aufführte (siehe Foto unten links).
Dafür gab es viel Beifall für alle
Beteiligten. Mit der Abschlußandacht ging ein
erfüllter Tag zu Ende.
Georg von Glowczewski
(C) by Georg von Glowczewski
Nr. 24/99 vom 20. Juni 1999
|