Ein Zurück kann es so nicht
geben
Bis zum Sommer 2000
soll die Katholische Grundschule St. Mauritius in
Berlin-Lichtenberg eine frisch sanierte Sporthalle
nutzen können. Wir sprachen mit Schulleiterin
Irmgard Treimer auch über grundständige
Gymnasien und das Verhältnis zur Nachbarin
Theresienschule
Berlin - Das Erzbistum Berlin übernimmt
gegen ein Mitnutzungsrecht für 15 Jahre die
Sanierung der seit mehreren Jahren leer stehenden
städtischen Turnhalle in der
Schulze-Boysen-Straße/Ecke Tasdorfer Straße
im Bezirk Lichtenberg. Nach einem Vertrag mit dem
Bezirk bezahlt die katholische Kirche 1,2 Millionen
Mark für die Grundsanierung.
Frage: Frau Treimer, zum Jahreswechsel haben
sich viele Menschen gefragt, was wohl 2000 bringen
wird. Ihnen und Ihren Schülern eine frisch
sanierte Sporthalle?
Treimer: Das hoffen wir. Bis zum Sommer 2000
soll die Halle soweit fertig gestellt sein, dass unsere
Kinder dort Sportunterricht machen können.
Frage: 1,2 Millionen Mark investiert das
Erzbistum in die Sanierung. Ist das nicht eine
ungewöhnlich hohe Summe, da ja die Halle nicht in
den Besitz der Kirche übergeht?
Treimer: Natürlich ist das auf den ersten
Blick eine Menge Geld. Ungleich teurer wäre es
jedoch, würde das Erzbistum eine neue Halle bauen.
Da müsste erstmal ein Grundstück erworben
werden. Und die Preise kennen Sie. Auch werden nicht
nur unsere Schüler die Turnhalle nutzen, sondern
auch die Schüler des Schulzentrums Edith
Stein.
Frage: Wo unterrichten Sie bislang Sport?
Treimer: Die ersten beiden Jahre haben wir in
einem maximal 35 Quadratmeter großen Raum in
unserer Schule selbst unterrichtet. Dann sind wir mit
den Kindern zu einer Turnhalle gelaufen. Das bedeutete
immer eine dreiviertel Sunde hinlaufen, eine
dreiviertel Stunde zurück. Das war gerade für
die Erstklässler nicht mehr zumutbar.
Frage: Sehen Sie in der Sanierung eine Art
Vorreiterrolle des Erzbistums in Zusammenarbeit mit
kommunalen Stellen in Berlin?
Treimer: Das könnte durchaus sein. Ich sehe
in der jetzt angelaufenen Lösung auf jeden Fall
einen positiven Kompromiss zwischen der Interessenslage
des Stadtbezirks und der des Erzbistums und seiner
Schulen. Die Zusamenarbeit bringt in diesem konkreten
Fall für beide Seiten deutliche Vorteile. Die
Halle wird als Sportstätte erhalten. Und die
Kirche zahlt für die Sanierung ungleich weniger,
als sie für einen Neubau hätte aufbringen
müssen.
Frage: Themenwechsel. Mit dem Umzug der
Regierung nach Berlin sind Stimmen laut geworden, auch
in Berlin grundständige Gymnasien zu schaffen. Wie
stehen Sie zur gymnasialen Schulbildung ab der 5.
Klasse?
Treimer: Dazu habe ich eine sehr eindeutige
Meinung. Die sechsjährige Grundschule, die es in
Berlin gibt, ist eine riesige Chance. Mit der
Grundständigkeit werden die Berliner Eltern jetzt
verunsichert. Viele denken, wenn sie ihr Kind nicht
nach der vierten Klasse auf ein Gymnasium geben, werde
es später ein Gymnasiast zweiter Klasse. Und das
ist selbtsverständlich falsch. Natürlich kann
es in dieser Entwicklung nicht sein, dass der
Grundschule die besten Schüler abgezogen werden
und lediglich die weniger guten Schüler
verbleiben. Grundschule ist die einzige Institution, in
der Hauptschüler, Realschüler und
Gymnasiasten in einer Klasse gemeinsam unterrichtet
werden können. In den Klassen fünf und sechs
können die Kinder gerade an einer katholischen
Grundschule lernen, dass man Menschen nicht nur nach
ihren Leistungen beurteilen darf. Meiner Meinung nach
ist der Wechsel zum Gymnasium nach der vierten Klasse
deutlich verfrüht.
Frage: Hören Sie von Problemen, die
Schüler nach vier Jahren Grundschule am Gymnasium
bekommen?
Treimer: Natürlich werden die Anforderungen
schlagartig höher. Und wir empfehlen nur Kinder,
die sich hundertprozentig eignen. Denn Eltern
müssen wissen, dass die Einstellung: Wenn es nicht
klappt, geben wir das Kind halt zurück auf die
Grundschule, die falsche ist. Ein Zurück kann es
so nicht geben. Wir nehmen nach dem Wechsel zum
Gymnasium neue Schüler auf, und wir haben
Wartelisten.
Frage: Sehen Sie sich in Konkurrenz zur
Theresienschule, dem einzigen katholischen Gymnasium im
Berliner Osten? Etwa, dass Ihnen von dieser Nachbarin
die leistungsstärksten Schüler zu früh
abgezogen werden?
Treimer: Nein. Wir haben gute Kontakte zur
Theresienschule. Und die Theresienschule ist ja nicht
nur grundständig. Dort werden ja auch Schüler
nach der sechsten Klasse aufgenommen, um ab dem
siebenten Schuljahr das Gymnasium zu
besuchen.
Interview: Thomas Steierhoffer
Nr. 5/00 vom 30. Januar 2000
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